Life is not a rehearsal

„Der Kunde war so aufgebracht, dass ich wie gelähmt war. Ich wusste, dass das was er uns unterstellte nicht stimmte, hatte aber ein totales Black Out, wie ich ihm das in dieser aufgeladenen Situation sinnvoll rüberbringen soll.“

Die Key Accounterin, die diese unangenehme Kundensituation schildert, sitzt mit 8 Kollegen aus verschiedenen Standorten in dem, mit den Ergebnissen des intensiven zweitägigen Trainings bebilderten Seminarraum. Von der Auseinandersetzung mit der eigenen Führungskompetenz bis hin zum gelungenen Elevator Pitch finden sich auf den Flip Chart Papieren Tools und Impulse für die zukünftigen Führungskräfte.

Was unterscheidet erfolgreiche Führungskräfte von den High Potentials, die sich hier mit ihrer beruflichen Zukunft auseinandersetzten? Neben Kompetenz und Souveränität landet Erfahrung ganz oben auf der Liste der Teilnehmer. Wissend, dass die reine Theorie noch nicht den Meister macht und ein gelerntes Tool Set noch keine erfolgreiche Führungskraft.

Nach dem ersten theoretischen Teil des Seminars gehen wir deshalb mit den Teilnehmern in medias res und sammeln typische Konflikt-Situationen aus dem Berufsalltag, um diese im nächsten Schritt szenisch zu improvisieren.

Im ersten Augenblick zucken die Mundwinkel der Teilnehmer amüsiert, ob der fremden Situation, aber der geschützte Rahmen des Seminars lässt sie die erste Hürde nehmen - sie begeben sich auf ihre „Bühne“ und beginnen mit dem Dialog. Am Anfang schonen sie sich noch gegenseitig, in dem sie freundlich miteinander sind und sich gegenseitig helfen, um gut zu performen.

Ziel der Improvisation ist es aber, die Comfort-Zone zu verlassen, um sich genau in die Stress-Situationen unter Druck zu versetzen, in denen man typischerweise auf destruktive oder defensive Verhaltensmuster zurückgreift. Mit der Improvisation lernen die Key Accounter ihrer Intuition zu trauen und mit Empathie, Selbstvertrauen und Sozialkompetenz Lösungen zu finden, die sie sich vorher nicht zurechtlegen konnten. Weil die Reaktion des Gegenübers nicht vorhersehbar war. Um das zu erreichen, coacht der Executive Presence Coach die Akteure mit weiteren Regie-Anweisungen. So erhält der „Chef“ neue Informationen über seinen Mitarbeiter, die die Beurteilung der Arbeit in ein neues Licht rückt, oder der Mitarbeiter weiß plötzlich über neue Mandate oder Kunden Bescheid, was seine Spontanität und die des Chefs fordert. Die ersten Augenblicke in der künstlich hergestellten Situation und von den Kollegen beobachtet, sind befremdlich, dann aber haben die Akteure ihre Positionen gefunden und probieren sich – mit zunehmender Gestaltungsfreude – aus.

Mit dem „neuen“ Wissen leitet der Chef seinen Druck weiter an den Mitarbeiter, der wiederum wollte eigentlich mit einer neuen Gehaltsstufe aus dem Gespräch heraus gehen. Jeder vertritt vehement seinen Standpunkt. Der Chef blickt kaum auf, der Mitarbeiter zappelt nervös mit den Füßen und verliert zusehends an Souveränität, das Statusverhältnis klafft auseinander.

„Ich habe mich fürchterlich unwohl gefühlt“

„Du hast ja auch gar nicht zugehört“

„Und Du nicht mal geguckt“

Die Zuschauer schildern ihre Wahrnehmung, die Akteure ergänzen. So entsteht eine 360 Perspektive der erlebten Situation.

Unter den Augen des Kollegen-Publikums wird danach analysiert und verglichen. Haben die Akteure ihr vorher festgelegtes Ziel erreicht und wenn ja mit welcher Methode? Welche Tools haben sie benutzt? Wie waren Körpersprache und Stimme? Was kam bei den Zuschauern an? In manchen Szenen lassen wir die Kamera mitlaufen. Die Erkenntnis über den Unterschied zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung erhöht das Bewusstsein über das eigene Potential schlagartig.

Das direkte Umsetzten verankert die vorher erlernte theoretischen Erkenntnisse, das Körpergedächtnis speichert sofort die positive Erfahrung ab. Und macht sie wieder abrufbar für ähnliche Situationen, um nicht wieder in die alten Verhaltensweisen zu verfallen.

Das Ganze wirkt wie ein Flexibilitäts-Streching, die Teilnehmer trainieren die Muskeln, die benötigt werden, um auf Unvorhergesehenes zu reagieren. Unvorhergesehenes, das sie bisher üblicherweise in eine nicht-souveräne, passive oder aggressive Stimmung versetzt hat und dem sie nun lernen mit Mut, Neugier und Freude an der Erfahrung zu begegnen.

Life is not a rehearsal – but you can be prepared

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